Kategorie: Blog
Autor:in: Silke Jungblut

Chancen durch Digitale Disruption

Wenn wir den Begriff „Digitale Disruption“ hören, dann werden wir mit gleich zwei Wörtern konfrontiert, die uns oftmals Kopfschmerzen bereiten. Der digitale Wandel bringt zwar eine Vielzahl an Möglichkeiten mit sich und steht sinnbildlich für die Zukunft, aber er ist auch mit den entsprechenden Schwierigkeiten verbunden. Besonders in unserer Branche sind es scheinbar mehr Hürden und Nachteile als Vorteile und Chancen.

Die Disruption macht es nicht besser, verbinden wir diesen Begriff doch eher mit brachialer Gewalt. Etwas zu zerstören, heißt ja schließlich, es unbenutzbar zu machen.

Dennoch sollten wir der Digitalen Disruption eine Chance geben und sie auf ihre positiven Aspekte hin durchleuchten.

Der Zwang zur Neugestaltung

Disruption heißt nicht, ein bestehendes Produkt systematisiert in seine Einzelteile zu zerlegen, um Kombinationen davon in neuer Form zusammenzusetzen, sondern den Gedanken zulassen zu können, völlig neu zu denken. Es soll eben nicht nur ein Teilbereich des Produkts oder der Dienstleistung analysiert werden, sondern eine umfassende Neugestaltung angestoßen werden.

Ein Risiko ist zum Beispiel, die Digitalisierung als Begleitprodukt zu sehen. In der Zeitungsbranche reicht es bekanntermaßen nicht, die Printartikel einfach auch online anzubieten. Denn Online und Print sind verschiedene Welten mit verschiedenen Zielgruppen. Sicher sind die Statistiken ihrer Zielgruppen ein regelmäßiger Bewertungspunkt, den Sie zur Analyse heranziehen.

Der Anteil der Zeitungslesenden liegt erst bei einem Alter von über 50 Jahren über 20 % (www.de.statista.com) der Bevölkerung. Junge Menschen greifen kaum noch auf das Medium Print-Tageszeitung zurück. In der Online-Welt, wo sich jüngere Zielgruppen tummeln, gelten jedoch andere Spielregeln als im Printbereich. SEO-Optimierungen, Lesbarkeit an sich und der Unterschied der Themenrelevanzen, um nur einige Beispiele zu nennen. Werfen wir dann noch einen Blick in die Social Media, kommen unterschiedliche Formate hinzu, eine ganz eigene Ansprache und Hashtags, Marker sowie eigene Trends, um Reichweite zu generieren. Jeder Kanal für sich hat eigene Regeln und Präferenzen, aber auch eigene Zielgruppen. Facebook ist bspw. schon lange nicht mehr so „hip“ wie früher. Während Menschen mittleren Alters die Plattform regelmäßig nutzen, zeigt der Trend, dass junge Menschen eher zu Alternativen wie Instagram und TikTok wechseln. Bei den Digitalisierungsstrategien ist es also unerlässlich, die Zielgruppen mit den Kanälen und deren einzelnen Spielregeln ins Verhältnis zu setzen, die passenden Medien aufzugreifen und genügend Kenntnisse über die Kanäle zu sammeln.

Sie sehen, die bereits erstellten Artikel einfach „hochzuschieben“, reicht für eine digitale Strategie nicht aus. Im Gegenteil, sie können dafür sorgen, dass man als digitaler Mitspieler gar nicht wahrgenommen oder – schlimmer noch – abgewertet wird und sich einen entsprechenden Ruf einkassiert. So wird man schnell von den Mitbewerbern abgehängt und verliert einen Wettbewerbsvorteil. Verstärkend kommt hinzu, dass eine oberflächliche Digitalstrategie suggeriert, man sei bereits mittendrin in der digitalen Transformation, die aber eigentlich gar nicht stattfindet und somit auch nicht angestoßen wird.

Seien Sie mutig – Setzen Sie Ihre Digitalstrategie disruptiv um

Planen Sie Ihre Digitalstrategie allumfassend. Haben Sie den Mut, ihre bewährten Produkte „wegzuwerfen“, um sich den Raum zu schaffen, völlig neu zu denken. Wie sähe ihr Verlag in fünf Jahren aus, wenn Sie den bisherigen Weg beibehalten? Oder welche Chancen können sich ergeben, wenn Sie Ihre Digitalstrategie disruptiv und allumfassend durchführen? Welchen Gelegenheiten haben Sie bisher nicht in Betracht gezogen, weil Sie in Ihren bisherigen Weg oder Ihre traditionelle Vision nicht hineingepasst haben? Wäre hier eventuell Potenzial für eine Neugestaltung? Trauen Sie sich, auch verrückte Ideen zuzulassen und zu bewerten. Die Digitale Disruption kann Ihnen dabei helfen, alte Regeln und Denkweisen aufzubrechen. Haben Sie den Mut, disruptiv zu sein, erwägen Sie die Möglichkeit einer Zerstörung.

9 Jahre zurück

Viele kennen es schon, aber werfen wir trotzdem nochmal einen Blick in die Vergangenheit. Die Washington Post, ein renommierter Name in der Nachrichtenwelt, hatte ebenso wie alle anderen an der Krise der Zeitungsverlage zu knabbern. Abonnenten sind weggebrochen, Werbeeinnahmen wurden knapper, die Einnahmen sanken immer weiter. Die Mittel, etwas zu ändern, schrumpften damit ebenfalls.

Die Wende kam mit dem Kauf der Washington Post durch Jeff Bezos, dem Gründer von Amazon. Zugegeben, durch den Kauf kamen sicher auch finanzielle Ressourcen hinzu, um die sich so mancher Verlag prügeln würde, und es ist immer schwieriger, Risiken einzugehen, wenn im eigenen Portemonnaie nur wenige Münzen klingeln. Dennoch schauen wir uns die Entwicklung an: Jeff Bezos sah die Digitale Disruption als Chance, bzw. das Internet als Geschenk. Dieses Mantra zog sich auch durch die Transformation der Publikationsstrategie und des Neudenkens. Die Post wurde selbst zum mobilen Online-Produkt, das auf eine gedruckte Zeitung verzichten wollte. Kaum denkbar in der heutigen Welt, in der sich immer noch der Hauptanteil der Einnahmen durch das Printprodukt speist. Und doch hat die Strategie auch auf das finanzielle Modell eingezahlt. Es stiegen nicht nur die Zahlen der Abonnenten erneut an, mit der Weiterentwicklung boten sich weitere Möglichkeiten. Artikel, die bereits publiziert waren, wurden nachträglich mehrmals am Tag aktualisiert, um neue Erkenntnisse oder Gegebenheiten hinzuzufügen. Berichterstattung wurde von einem statischen zu einem dynamischen Produkt, das nicht einfach ausgeteilt wird. Ein Änderung, die sich bewährt hat und inzwischen von vielen Verlagen weltweit genutzt wird: Die Zeitung wurde lebendig.

Die Weiterentwicklung ging sogar soweit, dass Partnerverträge mit weiteren Zeitungsverlagen geschlossen werden konnten, die Artikel der Washington Post auf ihren Webseiten teilten; und einen Obolus der Werbeeinnahmen an die Post abgaben. Der gleiche Artikel brachte so zusätzliche Einnahmequellen zustande. Ohne nennenswerte Mehrarbeit. Dadurch wurde die Washington Post nicht nur den großen Zeitungsverlagen zur ernstzunehmenden Konkurrenz, sondern sogar dem digitalen Anbieter Buzzfeed.

Zugegeben …

… wie im oberen Abschnitt bereits erwähnt, ist es immer einfacher, disruptiv zu denken, wenn die Existenz nicht auf dem Spiel steht, weil im Hintergrund jemand mit finanzieller Sicherheit den Rücken freihält. Dennoch lohnt es sich, disruptive Gedanken einmal zuzulassen und zu fördern. Wenn die finanziellen Mittel das Risiko nicht tragen, lassen sich vielleicht aber schon Teilbereiche umzustrukturieren und neu denken.

Wichtig ist es, aufgeschlossen zu bleiben und ein flexibles Mindset zu fördern, dass z. B. neue Kanäle nicht sofort verwirft, sondern als Chance sieht, die eigene Strategie auszuweiten und zu optimieren.

In diesem Sinne: Bleiben Sie aufgeschlossen.